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The Aphra Behn
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APHRA BEHNS OROONOKO:
Die Kolonialherrin als erzählerische Autorität
© 1995 by Ruth Nestvold
Aphra Behns kurzer Roman Oroonoko, 1688 erschienen, ist ein
frühes Beispiel eines Prosawerkes, das ernsthaft den Anspruch,
Realität wiederzugeben, mit einer spannenden Handlung und der
Darstellung von alltäglichen Details verbindet und gehört somit
zu den Wegbereitern des bürgerlichen Romans. Interessanterweise
handelt das Werk vorrangig von einem Sklavenaufstand in einer
englischen Kolonie; an einem Ort also, der vor dem 16.
Jahrhundert für die Europäer nicht existierte. Es ist also nicht
nur die Erzählweise, die neu ist, sondern auch der Stoff der
Erzählung. Zudem wird den Lesern die Geschichte von einer
erzählerischen Autorität dargeboten, die erkennbar weiblich ist;
eine Autorin und Kolonialherrin fungiert als Zeugin der
Geschehnisse. Diese beispiellose Häufung von neuen Merkmalen in
einem einzigen Text wirft ein Licht auf Bruchstellen in der
Ideologie der neuzeitlichen Ordnung, besonders im Hinblick auf
die Matrix von Geschlecht, Rasse und Herrschaftsverhältnissen.
Diese Bruchstellen kommen vor allem in der Erzählstimme des
Romans zum Vorschein. Hier sollen einige solcher Bruchstellen
aufgespürt werden, die auf ideologische Widersprüche hinweisen,
und in diesem Zusammenhang die Erzählstimme des Romans unter
Berücksichtigung der Erzähltheorie und der Rezeption des Romans
untersucht werden.
Aphra Behn in der Romangeschichte
Aphra Behn (1640-89) nimmt eine einmalige Stellung in der
englischen Literatur ein; sie ist sowohl die erste professionelle
Schriftstellerin Englands als auch eine bedeutende Innovatorin in
der Entwicklung des neuzeitlichen Romans. Zu Lebzeiten war sie
eine der erfolgreichsten Dramatiker der Restauration; nicht
weniger als achtzehn Stücke stammten aus ihrer Feder; bei drei
weiteren Stücken ist ihre Autorschaft umstritten. Nur John Dryden
hat im gleichen Zeitraum mehr produziert und auf die Bühne
gebracht. Ihren Platz in der Literaturgeschichte hat sie
allerdings durch eines ihrer letzten Werke errungen, das kurze
Prosawerk Oroonoko, or The Royal Slave. A True History, das ein
Jahr vor ihrem Tod erschien. Die achtziger Jahre des siebzehnten
Jahrhunderts waren eine schlechte Zeit für das Theater in London;
einerseits wegen der politischen Unruhen und der Festnahme
einiger Schriftsteller aufgrund ihrer regimekritischen
Äußerungen, unter anderen Behn selbst, und andererseits wegen
zurückgehender Besucherzahlen. Diese führten 1682 zum
Zusammenschluß der beiden führenden Theaterhäuser, The Duke's
Company, wo sämtliche Stücke Behns uraufgeführt worden waren, und
The King's Company zu The United Company.(1) Erst nach dem
Zusammenschluß wandte sich Behn der Prosa zu. Mit diesen fast
zufälligen Prosawerken führte sie jedoch für die Entwicklung des
Romans wichtige literarische Erneuerungen ein. Im ersten Band
ihres Romans Love Letters Between a Nobleman and his Sister,
erschienen 1684, entwickelte sie aus dem Vorbild der Lettres
portugaises und ihrer Erfahrung als Dramatikerin eine neue
narrative Form - die erste längere Fiktion, deren Handlung
ausschließlich in Briefen erzählt wurde.(2) Mit Oroonoko wandte sie
sich von der Briefform ab und schuf eine erzählerische Stimme,
die eine gewisse Nähe zum Lesepublikum mit ungewöhnlicher
Detailtreue verband; nebenbei prägte sie eine der ersten
Darstellungen des edlen Wilden.(3)
Bei ihrer Suche nach einer Prosaform, die sich für
Geschichten mit zeitgenössischer statt rein heroischer Thematik
eignete, verwendete sie in Oroonoko und anderen kurzen Romanen
eine plaudernde Erzählstimme, durchsät mit Floskeln wie, "I have
already said...", oder "I forgot to ask how...",(4) die wie eine
fortlaufende Unterhaltung mit dem Publikum wirkt. Die Anwesenheit
dieser erkennbar weiblichen Stimme als Medium und Interpretin des
Geschehens führt dazu, daß sie ebenfalls zum Teil des Erzählten
wird, und manchmal sogar in die Handlung mit einbezogen wird;
diese persönliche Präsenz bringt die Erzählung auf eine
ausgesprochen individuelle Ebene. Unabhängig davon, ob sie in die
Handlung eingreift oder nicht, wirkt Behns Erzählfigur meist wie
eine real erzählende Stimme.
In der erzählenden Literatur, im Gegensatz zur dramatischen,
hatte Behn wenige Vorbilder zur Verfügung. Von epischer Dichtung
abgesehen, bestanden die erzählenden Formen der Zeit
hauptsächlich aus heroischen sowie pikaresken und humoristischen
Erzählungen; zum Beispiel den Romanzen von Madame de Scudéry auf
der einen Seite und deren Parodien von Paul Scarron auf der
anderen. Obwohl Behn sich dieser gegenläufigen Traditionen
bediente, versuchte sie eher eine Erzählform zu entwickeln, die
sich für zeitgenössische Handlungen eignete, die der
Lächerlichkeit nicht in der gleichen Weise preisgegeben wurden,
wie in Scarrons Erzählungen. Der Mangel an Vorbildern erklärt
möglicherweise viele der stilistischen Unebenheiten in Behns
Prosawerken, die einige Kritiker bemängelt haben. Behns Romane
entstanden an einer literarischen Schwelle, zu einer Zeit, als
Prosawerke insgesamt kaum die ästhetischen Erwartungen, die wir
heute an den Roman stellen, erfüllen konnten, und hierin ist
Oroonoko natürlich keine Ausnahme.
Trotz Behns wichtiger Erneuerungen hinkt ihr literarischer
Ruf weit hinter ihren Verdiensten her. Die Norton Anthology of
English Literature, die den traditionellen englischen Kanon
bekanntlich verkörpert und bestätigt, nimmt Behn weder als
Romanautorin noch als Lyrikerin oder Dramatikerin in ihre
erlauchten Reihen auf.(5) Seit der Veröffentlichung der Biographien
von Maureen Duffy und Angeline Goreau(6), 1979 und 1980, erfährt
die Behn-Forschung allerdings einen deutlichen Aufschwung, und
Love Letters Between a Nobleman and His Sister ist inzwischen als
Virago Classic erschienen und damit wie ihr bekanntestes Werk
Oroonoko leichter zugänglich.
Oroonoko und seine Erzählerin
Oroonoko erzählt die Geschichte eines afrikanischen Prinzen,
der sich in Imoinda, Tochter eines Generals, verliebt. Die beiden
wollen heiraten, aber Oroonokos Großvater, der regierende König,
stellt sich dazwischen; er begehrt Imoinda selbst. Er macht
Gebrauch von seinem königlichen Recht und läßt Imoinda in seinen
Harem bringen. Dennoch gelingt es den Liebenden, eine Nacht
zusammen zu verbringen, worauf sie entdeckt werden und Imoinda
als Sklavin verkauft wird. Oroonoko glaubt allerdings, daß seine
Geliebte hingerichtet worden sei. Der Prinz wird danach verraten
und ebenfalls in die Sklaverei verkauft, und zwar von dem weißen
Händler, dem er selbst seine Kriegsgefangenen verkauft hatte.
Oroonoko kommt nach Surinam, wo er Imoinda auf einer benachbarten
Plantage wiederfindet. Die Plantagenbesitzer finden Gefallen an
der Liebesgeschichte und erlauben Oroonoko und Imoinda, die nun
als Sklaven den Namen Caesar und Clemene erhalten haben,
zusammenzuziehen und zu heiraten. Bald darauf ist Imoinda
schwanger. Oroonoko kann den Gedanken nicht ertragen, daß sein
Kind in der Sklaverei geboren werden soll, und bringt die anderen
Sklaven dazu, zu rebellieren. Nachdem der Aufstand fehlschlägt,
überredet Oroonoko Imoinda, sich von ihm töten zu lassen, damit
sie nicht gefoltert oder vergewaltigt wird, falls er bei seinem
Plan, den regierenden Gouverneur Byam zu ermorden, umkommt. Aber
nachdem er die Tat vollstreckt hat, bringt er es nicht über sich,
ihre Leiche zu verlassen. Der Gestank ihres verwesenden Körpers
führt die Suchmannschaften schließlich zu Oroonoko. Bevor er sich
selbst töten kann, wird er festgenommen, grausam gefoltert, und
hingerichtet, um den anderen Sklaven als Warnung zu dienen.
Besonders auffallend an dem Roman ist seine ungewöhnliche
Erzählhaltung. Die Rolle des erzählenden Ichs in Oroonoko ist für
eine heutige Leserin schwer einzuordnen: die offensichtlich
allwissende Erzählerin beschreibt das Geschehen häufig als
Augenzeugin oder gar Mitbeteiligte. In dieser doppelten Funktion
ist die Erzählerin einerseits eine Randfigur in der Handlung
selbst, während sie andererseits sowohl die inneren
Gefühlsregungen der Hauptfiguren beschreibt als auch laufend
Kommentare über gesellschaftliche Mißstände abgibt. Die
Hauptfigur ist und bleibt allerdings der "königliche Sklave"
Oroonoko. Die Erzählerin tritt als Figur der Handlung erst in der
zweiten Hälfte des Buchs auf. Wie Michael McKeon erkennt, dient
diese erzählerische Strategie dazu, die Authentizität des
Erzählten zu bezeugen:
... no tension exists in her dual role as narrator and
character, because both roles are dedicated to the single
end of witnessing, and thereby authenticating, a central
character whose personal history is distinct from her own.(7)
Mit einer Erzählweise, in der die erzählerische Stimme nicht
immer mit der Wahrnehmungsposition übereinstimmt, sowie mit
Details über ihre eigene Person, fördert Behn die Identifikation
ihrer Erzählerin mit der Autorin selbst, und zwar um die
Glaubwürdigkeit der Geschichte zu unterstützen. Die Erzählerin
nennt ihren Namen nie, gibt aber an, die tatsächliche Autorin zu
sein; zudem stellt sie sich als eine priviligierte Frau vor, die
zur weißen Oberschicht gehört.
Dennoch ist es aus erzähltechnischer Sicht problematisch,
die Erzählerin mit der Autorin gleichzusetzen, und nicht nur
deshalb, weil die Erzählstimme bekanntlich nie vollkommen mit
einer tatsächlichen Autorin übereinstimmt. Einerseits trifft zwar
zu, daß unter bestimmten Umständen die Gleichsetzung von
Erzählstimme und Autorenstimme nicht unbedingt eine naive
Vorgehensweise darstellt. In der Erzähltheorie wird - soweit man
unterschiedliche Auffassungen und unterschiedliche Terminologie
verallgemeinern kann - die Erzählstimme als die Summe der
Ausdrucksmittel verstanden, die verwendet werden, um
Begebenheiten des Textes zu vermitteln. Erzählerischer Standpunkt
dagegen ist der Ort der Wahrnehmung entweder der Erzählfigur oder
einer Reflektorfigur.(8) Die erzählerische Stimme, die sich von
einer wahrnehmenden Figur der Handlung unterscheidet, wird häufig
mit dem Autor oder der Autorin gleichgesetzt:(9)
Ordinarily, the unmarked case of narration for public
narrators is that the narrating voice is equated with the
textual author (the extrafictional voice or "implied author")
unless a different case is marked--signaled--by the text. In
other words, in the absence of direct markings which separate
the public narrator from the extrafictional voice, so long as
it is possible to give meaning to the text within the
equation author=narrator, readers will conventionally make
this equation.(10)
Andererseits wird von der Autorenstimme in der Fiktion anderes
erwartet, als von der Autorenstimme eines authentischen
Zeugnisses, was in der Rezeption von Oroonoko reflektiert wird:
einerseits wird der Autorin vorgeworfen, daß sie keine
konsequente Erzählperspektive eingehalten habe und es ihr nicht
gelungen sei, die unterschiedlichen Handlungsebenen, die
heroische und die realistische, zu verbinden; andererseits, daß
sie gelogen habe. Wenn man ihr allerdings eine Lüge vorwirft,
heißt das, daß die Erzählstimme ohne Einschränkung mit der
tatsächlichen Autorin gleichgesetzt wird.(11) Dies wird auch häufig
in der Rezeption angenommen, doch die offensichtlich
fiktionalisierten Episoden des Textes passen nicht zu den
Konventionen der Berichterstattung, wo Wahrheit als wichtigstes
Kriterium gilt.
Als Roman funktioniert das Werk allerdings auch nicht. Nach
unseren Maßstäben eignet sich die naive Erzählweise des Berichts
nur dann für den Roman, wenn sie als bewußt fiktionalisiert oder
ironisch verfremdet gesehen wird. Zudem nimmt sich die Erzählerin
in Oroonoko einige Freiheiten, die unseren Ansprüchen an den
Roman nicht genügen: nach heutigen Maßstäben, ist es keine
konsequente Erzählperspektive, wenn die Erzählerin sich
identifiziert, zugibt, daß sie nicht an Ort und Stelle war, und
dann die inneren Gefühlsregungen von Personen beschreibt, die sie
ihren Aussagen zufolge überhaupt nicht kennt.(12) Wenn die
Erzählerin in Oroonoko über Dritte berichtet, steht häufig keine
persönliche Beziehung dahinter; die Erzählweise ähnelt eher der
einer allwissenden, auktorialen Erzählerin, besonders wenn sie
Episoden erzählt, die sie persönlich unmöglich kennen kann, wie
zum Beispiel die Episoden in Afrika. Hier stützt sich die
Erzählerin auf Berichte anderer, geht aber auch auf die
Empfindungen von Figuren ein, bei denen es schwer fällt zu
glauben, Oroonoko habe ihr von ihnen erzählt. Diese Episoden
erweitern die Sphäre der Erzählerin über das ihr Bekannte hinaus
und machen deutlich, daß sie hier eine imaginative Autorität für
sich beansprucht. Eine besonders wichtige Rolle bei der Handlung
in Afrika spielt beispielsweise eine ältere Mätresse des Königs,
Onahal, die nun als Wächterin der jungen Imoinda dient. Um zu
seiner Geliebten zu kommen, überredet Oroonoko seinen Freund
Aboan, Onahal zu verführen. Onahals Empfindungen in dieser
Situation werden genauer wiedergegeben, als eigentlich für die
Handlung notwendig wäre: sie findet den jungen Aboan
ausgesprochen attraktiv und hofft, daß seine Beteuerungen nicht
nur Mittel zum Zweck sind: "He spoke with such a tone, that she
could not forbear believing it; ... being wholy transported with
joy for having subdued the finest of all the King's subjects to
her desires ... " (22)
Eine Erzählerin, die solche subjektiven Details einer fremden
Welt als Tatsachen berichtet ist keine Ich-Erzählerin, wie wir
sie gewohnt sind, sondern steht zugleich über weite Strecken über
den Begebenheiten des Textes und nimmt somit eine auktoriale
Position ein. Hier handelt es sich natürlich um eine
Übergangsform zwischen auktorialem und Ich-Erzähler, dem
Ich-Erzähler als Herausgeber, Vorleser oder Rahmenerzähler.(13)
Stanzel postuliert, daß der wichtigste Unterschied zwischen der
auktorialen Erzählsituation und der Ich-Erzählsituation in der
"Opposition Identität und Nicht-Identität der Seinsbereiche von
Erzähler und Charakteren" zu finden ist, und fährt fort:
Im Vergleich zum körperlosen (aber nicht unpersönlichen)
auktorialen Ich nimmt die Person des Ich-Erzählers ... an
"Leiblichkeit" zu .... Die Zunahme des Ich-Erzählers an
"Leiblichkeit" bringt eine Einschränkung seines Wissens- und
Wahrnehmungshorizontes und eine Bindung des Erzählvorganges
an die Existenz des Ich-Erzählers als fiktionalem Charakter
mit sich.(14)
Diese Unterscheidung trifft allerdings bei Oroonoko weniger zu.
Die Erzählerin ist weder "körperlos" noch ist eine Einschränkung
des Wissens- und Wahrnehmungshorizonts durch ihre Leiblichkeit
besonders spürbar.
In diesem Zusammenhang ist eine weitere Eigenschaft der
Erzählerin wichtig: Sie gibt sich als eine zu ihrer Zeit bekannte
Autorin aus. Die Erzählerin nimmt sich die Freiheiten einer
Autorin; sie ist Herrin ihrer Schöpfung und kann deshalb zugleich
in die Handlung verwickelt sein und über ihr stehen. Wayne C.
Booth spricht in seinem inzwischen klassischen Rhetoric of
Fiction von einem "dramatized narrator," wenn es sich um eine
Erzählstimme handelt, die sich als "ich" zu erkennen gibt.(15) Ich
möchte mit dieser Bezeichnung einen Schritt weiter gehen und im
Falle von Behns Erzählstimme in Oroonoko von "dramatized author"
sprechen.
Eine solche dramatisierte Autorin, obwohl am Anfang der
Romangeschichte häufig zu finden, paßt nicht in die gängigen
Erzählmuster; es ist daher wohl kein Wunder, wenn viele
Literaturwissenschaftler, die sich mit Oroonoko beschäftigen, die
ganze Frage der Erzählhaltung ignorieren und nur noch von "Behn"
oder "the author" sprechen, wenn sie sich über die Erzählstimme
äußern. Hierzu drei kurze Beispiele:
In the jungle, Behn even manages to meet Colonel Martin who,
as it just happens, is to be the protagonist of a new play
appearing in London...(16) (Lennard Davis, Factual Fictions:
The Origins of the English Novel, 1983)
Behn herself wins [Oroonoko's] esteem by tales of "the lives
of the Romans, and great Men" . . .(17) (George Woodcock,
"Founding Mother of the English Novel: Aphra Behn," 1976)
In its characteristically disturbing way, Behn's novel shows
us just enough about the author's competition with Imoinda .
. . to make us uneasy when we hold the book Oroonoko in our
hands . . .(18) (Margaret W. Ferguson, "Juggling the Categories
of Race, Class and Gender," 1991)
Trotz großer Fortschritte in der Behn-Forschung ist es gerade
diese Vorgehensweise, die häufig dazu führt, daß Oroonoko immer
noch hauptsächlich auf seinen Wahrheitsgehalt hin oder als
Schlüssel zur Psychologie einer tatsächlichen Autorin untersucht
wird. Angesichts dieser Verwirrung ist es hilfreich, genauer auf
die Gattungsprobleme einzugehen, die die Erzählstimme von
Oroonoko aufwirft.
Bericht, Roman und Wahrheit
Als Roman in die Literaturgeschichte eingegangen, aber
womöglich als wahrer Bericht aus einem exotischen Land konzipiert
und verkauft, verfügt Oroonoko über eine Erzählerin, die nicht
nur für die Wahrheit der Geschichte bürgt, sondern sich auch auf
die Wahrheit des Erzählten stützt. Schon auf der ersten Seite
beteuert die Erzählerin die Wahrheit der Geschichte, gibt aber
gleichzeitig zu, daß sie sich die Freiheit nimmt, Begebenheiten
auch wegzulassen, um den Unterhaltungswert der Erzählung zu
steigern:
I myself was an eye-witness to a great part of what you
will find here set down; and what I could not be witness of,
I received from the mouth of the chief actor in this history,
the hero himself, who gave us the whole transactions of his
youth: and I shall omit, for brevity's sake, a thousand
little accidents of his life, which, however pleasant to us,
where history was scarce, and adventures very rare, yet might
prove tedious and heavy to my reader, in a world where he
finds diversions for every minute, new and strange. (1)
Aus unserer Sicht erscheint diese Beteuerung wie eine
konventionelle Lüge. Am Anfang der Romangeschichte stehen einige
Werke, die Historizität vorgetäuscht oder behauptet haben, um
sich von den "romances" abzugrenzen und ernstgenommen zu werden,
wie zum Beispiel die Werke Daniel Defoes. So naiv waren
allerdings die damaligen Leser doch nicht; gerade Defoe hat unter
den Vorwürfen seiner Zeitgenossen gelitten, sein
Authentizitätsanspruch mache ihn zum Lügner.(19) Behn dagegen wurde
offensichtlich erst im zwanzigsten Jahrhundert Unredlichkeit
vorgeworfen. Dieser Umstand liegt möglicherweise daran, daß ihre
Zeitgenossen wußten, daß sie eine Zeitlang dort gelebt hat, wo
Oroonoko spielt,(20) aber wohl auch daran, daß Behn ihre Erzählung
durchaus geschickt an die damaligen Konventionen angepaßt hat.
William C. Spengemann weist darauf hin, daß Oroonoko eine
deutliche Ähnlichkeit zur Erzählform der "Brief True Relation"
aufweist, die häufig für Reiseberichte im 17. und 18. Jahrhundert
verwendet wurde. Diese Form verlieh Behn eine Autorität, die ihr
in anderen Gattungen nicht gegönnt wurde:
...because the Brief True Relation rested the authority of
its statements upon the writer's experiences rather than upon
her social status or sex, the form allowed Behn to assume an
authority that had been begrudged her in the masculine,
courtly domains of drama and poetry.(21)
Als Augenzeugin wurde ihren Aussagen ein höherer Wert
beigemessen, und mit der Form des Berichts stiegen die Chancen,
daß das Werk ernstgenommen wurde. Gerade ein naiver Erzählstil
wurde besonders als Beweis für die Authentizität des Erzählten
hoch geschätzt.(22) Angesichts Behns bewußten Umgangs mit
literarischen Konventionen in ihrer Tätigkeit als Lyrikerin und
Dramatikerin besteht die Möglichkeit, daß der spontane Erzählstil
von Oroonoko eine bewußte Entscheidung der Autorin darstellt und
deshalb auch als Teil einer Fiktion zu sehen wäre.
Es gibt also zwei Arten, Oroonoko zu lesen, als Roman und als
Reisebericht, und die Probleme, die viele Kritiker mit dem Werk
haben, ergeben sich aus dem Spannungsverhältnis zwischen den
Konventionen der beiden Gattungen. Wichtig ist vor allem, daß
diese zwei unterschiedlichen Maßstäbe jeweils eine andere
erzählerische Autorität verlangen. Verkürzt ausgedrückt: der
Reisebericht soll wahr sein und der Roman erfunden; für den
Reisebericht ist die Autorität im Sinne von Wissen entscheidend,
während der Roman über eine erzählerische Autorität verfügt, die
letzendlich allmächtig ist. Allerdings waren zu der Zeit, als
Behn Oroonoko verfaßte, die Konventionen des Romans gerade erst
am Entstehen, und die Grenzen zwischen Fakt und Fiktion oft sehr
undeutlich. Lennard J. Davis verdeutlicht, daß die Beziehung
zwischen "Erlebtem" und "Erzähltem" im frühen Roman
außerordentlich komplex war: "...the novel is a factual fiction
which is both factual and factitious."(23)
Dabei gehört aber Davis zu den Kritikern, die Oroonoko dafür
bemängeln, daß sein Wahrheitsgehalt fragwürdig ist: "Aphra Behn's
own narrative fares no better than the words of the other whites.
We doubt her from the opening 'authentication' to the numerous
lies and tall tales included in the exotica of the novel."(24) Aber
ganz im Gegensatz zu Davis' Behauptung zeigt die
Rezeptionsgeschichte, die unermüdliche Suche nach dem
Wahrheitsgehalt in diesem kurzen Roman, daß Behn offensichtlich
durchaus in der Lage war, für ihre Leser glaubwürdig zu
erscheinen.(25) In der Sekundärliteratur zu Behn war nach ihrer
Biographie der Wahrheitsgehalt von Oroonoko das wohl beliebteste
Thema der Kritiker.(26) Dies liegt zum Teil an den reichhaltige
Schauplatzbeschreibungen und den eingestreuten Episoden, die eher
zur Atmosphäre als zur Handlung beitragen, und wegen ihrer
Detailliertheit den Eindruck verstärken, es handele sich um einen
Reisebericht. Die Szene, in der die Erzählerin mit Oroonoko und
anderen Neugierigen ein Indianerdorf besucht, ist ein
eindruckvolles Beispiel dafür:
So advancing to him [the guide], some of them gave him their
hands, and cried, 'Amora Tiguamy'; which is as much as , How
do you do? or, Welcome, friend; and all, with one din, began
to gabble to him, and asked, if we had sense and wit? If we
could talk of affairs of life and war, as they could do? If
we could hunt, swim, and do a thousand things they use? He
answered them, We could. Then they invited us into their
houses, and dressed venison and buffalo for us; and going
out, gathered a leaf of a tree, called a Sarumbo leaf, of six
yards long, and spread it on the ground for a table cloth;
and cutting another in pieces instead of plates, set us on
little low Indian stools, which they cut out of one entire
piece of wood, and paint in a sort of Japanwork. They serve
everyone their mess on these pieces of leaves; and it was
very good, but too high-seasoned with pepper. (58-59)
Nach dem zur Erzählstimme Gesagten, scheint es plausibel, daß die
Glaubwürdigkeit, sofern sie für einzelne Leser zustandekommt,
hauptsächlich auf die Wirkung dieser Stimme zurückzuführen ist.(27)
Es ist die Gegenwärtigkeit der Stimme, ihre Vertrautheit und ihre
Redseligkeit, die uns in der abenteuerlichen Welt von Oroonokos
Leben verankern.
Die Geschichte des schwarzen Sklaven aus der Sicht der
Kolonialherrin
Einige der Widersprüche in Oroonoko hängen unmittelbar mit
der Herausbildung der neuen realistischen Prosaform der "novel"
zusammen; der Kombination der alten Welt des höfischen Romans
(ironischerweise verkörpert in einem schwarzen Sklaven) und der
"neuen Welt" des zeitgenössischen Lesers - und der Erzählerin.(28)
Die Widersprüche der Erzählstimme spiegeln in gewisser Weise auch
eben diesen Konflikt zwischen neuer und alter Welt wider: sie
gehen auf die Positionierung einer Erzählerin zurück, die zur
Oberschicht einer Kolonialgesellschaft gehört, die aber über
Konflikte eben dieser Gesellschaft schreibt.
Oroonoko ist die Geschichte des königlichen Sklaven aus der
Sicht der bürgerlichen Kolonialherrin, der fiktionalisierten
Autorin Aphra Behn. Diese Situation ergibt verschiedene
erzählerische Ebenen, weil der schwarze Sklave nur durch die
weiße Erzählerin spricht. Diese Erzählerin hat nun gegenüber
ihrem Helden eine Machtposition inne, die die gängige
Gleichsetzung von Frauen mit Kolonisierten als simplistisch und
undifferenziert entlarvt. Auf die Komplikationen in diesem
Zusammenhang weist Laura E. Donaldson hin:
...the woman=colonized, man=colonizer metaphor lacks any
awareness of gender--or colonialism for that matter--as a
contested field, an overdetermined sociopolitical grid whose
identity points are often contradictory. Historical
colonialism demonstrates the political as well as theoretical
necessity of abandoning the idea of women's (and men's)
gender identity as fixed and coherent. Instead ... it makes
it impossible to ignore the contradictory social positioning
of white, middle-class women as both colonized patriarchal
objects and colonizing race-privileged subjects.(29)
Manchmal wird in der feministischen Literaturwissenschaft
angenommen, daß die "weibliche Perspektive" vom Wesen her
subversiv sei, womit meistens eine gesellschaftskritische
Einstellung der einzelnen Schriftstellerin gemeint wird.
Einerseits stimmt zwar, daß eine Geschichte, die aus der
Perspektive einer unterdrückten Figur erzählt wird, zwangsläufig
Mißstände aufzeigen muß. Die Perspektive der ungerecht
Benachteiligten erlaubt aber nicht immer den Rückschluß auf
subversive Absichten der Autorin. Im Gegensatz zum
erzähltechnischen Element der Wahrnehmungsposition setzt die
subversive weibliche Stimme eher eine bewußte Auseinandersetzung
mit gesellschaftlichen oder literarischen Konventionen voraus;
weil sie direkt von einer Erzählfigur stammt und nicht von einer
Reflektorfigur, die von der Handlung kontrolliert wird, ist die
unzufriedene Ezählstimme eher aus erkennbar kritischer Absicht
subversiv.
Bei der Erzählhaltung in Oroonoko ist dieser Umstand
besonders deutlich zu erkennen. Die Subversivität der weibliche
Erzählstimme, die durch den Blick der Außenseiterin auf eine
männlich geprägte Gesellschaft entsteht, äußert sich bei Behns
Erzählerin in impliziter und sogar offener Kritik. Die Handlung
von Oroonoko bietet viele Gelegenheiten zu kritischen Äußerungen;
im Vergleich der drei Kulturen - Indianer, Afrikaner, und
Engländer - kommen Behns Landsleute oft schlecht weg, zum
Beispiel, wenn die Erzählerin die afrikanische Sitte der
Polygamie beschreibt:
Men take to themselves as many [wives] as they can maintain;
and ... the only Crime and Sin with Woman, is, to turn her
off, to abandon her to want, shame and misery: such ill
Morals are only practis'd in Christian Countries, where they
prefer the bare Name of Religion; and, without Vertue or
Morality, think that sufficient. (11)
Im Gegensatz zu solchen klaren kritischen Ansichten ihrer
Gesellschaft gegenüber, ist die Haltung der Erzählstimme zur
Sklaverei etwas zwiespältiger.(30) Die Erzählerin übt keine direkte
Kritik an der Sklaverei als solcher, als Institution, die es es
abzuschaffen gilt; dennoch wirkt der Roman, weil er häufig aus
der Perspektive eines unterdrückten Sklaven erzählt wird, wie
eine Anklage gegen die Sklaverei.(31) Deshalb wurde der Roman im
18. und 19. Jahrhundert auch als Traktat gegen die Sklaverei
rezipiert.(32) In einer Behn-Biographie des 19. Jahrhunderts zum
Beispiel wird Oroonoko bescheinigt, die Sklaverei-Diskussion in
England ausgelöst zu haben.(33) Dennoch läßt sich eine
Stellungnahme der Erzählerin gegen die Sklaverei nicht finden; es
sind vielmehr die Aussagen ihres Helden, die die Haltung gegen
die Sklaverei vermitteln. In einer langen Passage in direkter
Rede beispielsweise, empört sich Oroonoko gegen die Sklaverei,
und auch gegen die Kolonialherren, die gesellschaftliche Gruppe,
zu der die Erzählerin gehört. Diese Rede nennt Moira Ferguson
"the first major pro-emancipation speech":(34)
"And why," said he, "my dear friends and fellow sufferers,
should we be slaves to an unknown people? Have they
vanquished us nobly in fight? Have they won us in honourable
battle? And are we by the chance of war become their slaves?
This would not anger a noble heart; this would not animate a
soldier's soul. No, but we are bought and sold like apes or
monkeys, to be the sport of women, fools and cowards; and
the support of rogues and runagates, that have abandoned
their own countries for rapine, murders, theft and
villainies. Do you not hear every day how they upbraid each
other with infamy of life, below the wildest savages? And
shall we render obedience to such a degenerate race, who
have no one human virtue left, to distinguish them from the
vilest creatures? Will you, I say, suffer the lash from such
hands?" (63-64)
Zweifellos bekennt sich die Erzählerin zu ihrer
gesellschaftlichen Stellung als Kolonialherrin; aus ihr schöpft
sie ihre angebliche Autorität innerhalb der Gemeinschaft des
Romans.(35) Sie beteuert "authority and interest" (71), den
Einfluß, den sie beim Gouverneur, Lord Willoughby, hat; sie wohnt
im besten Haus der Kolonie (51); sie wird von anderen Bewohnern
um Hilfe gebeten, wenn es darum geht, Oroonoko zu beruhigen und
abzulenken (48). Dennoch sind ihre Loyalitäten widersprüchlich,
weil sie den Sklaven Oroonoko als weitaus sympathischer als die
meisten Kolonisten darstellt. Insofern verdient sie in gewisser
Weise ihren Ruf, schon früh eine kritische Stimme gegen die
Sklaverei erhoben zu haben. In seiner Studie zur Formen der
kulturellen Begegnungen zwischen Kolonisten und Kolonisierten
zeigt Urs Bitterli, daß die gängige Form der Kulturberührung zu
Behns Zeiten darin bestand, "selbstgerecht die eigene Lebensform
zur absoluten Norm" zu machen.(36) In Oroonoko ist diese Tendenz
natürlich auch vorhanden, aber indem ansatzweise Sichtweisen der
Indianer und der Sklaven wiedergegeben werden, wird die
Absolutheit der kolonialistischen Weltsicht unterminiert.
Trotz der Beteuerung ihrer wichtigen Position in der
Kolonialgesellschaft, basiert die Autorität der Erzählerin als
Erzählerin zum Teil gerade auf ihrer marginalen Position in
dieser Gesellschaft, die weiße Männer als Machtinhaber sieht.
Durch ihre Ablehnung der Machtstrukturen der Kolonie und ihre
Sympathie für ihren unterdrückten Helden distanziert sie sich
zeitweise von ihren eigenen Standesgenossen. In einer für sie
typischen sarkastischen Bemerkung vergleicht die Erzählerin
Oroonoko ausdrücklich mit "weißen Männern": "...whoever had heard
him speak, would have been convinced of their errors, that all
fine wit is confined to the white men, especially to those of
Christendom." (8-9) Aus dieser kritischen Position heraus kann
die Erzählerin ihren schwarzen Helden vorteilhaft mit seinen
weißen Herren und Widersachern vergleichen und aus dem Dilemma
des edlen Sklaven eine packende Geschichte machen.(37)
Die gesellschaftliche Autorität, die sie für sich
beansprucht, wird allerdings durch den Verlauf der Geschichte
eher widerlegt. So verspricht sie Oroonoko zum Beispiel, seine
Freilassung zu veranlassen (46-47); dieses Versprechen kann sie
allerdings trotz ihrer Beteuerungen nicht einhalten, und die
Vermutung liegt nahe, ihre Machtlosigkeit liegt daran, daß sie
eine Frau unter den Kolonialherren ist. Als Oroonoko festgenommen
wird, erscheint der Gouverneur nicht, und sein Stellvertreter
Byam sorgt dafür, daß Oroonoko hingerichtet wird, als die
Erzählerin abwesend ist: ihre Nerven sind zu schwach und sie ist
geflohen.
Die widersprüchliche gesellschaftliche Positionierung der
Erzählerin findet ihren Niederschlag in der teilweise
widersprüchlichen Verwendung von Pronomen(38) für die Gruppe der
Weißen: bezieht sich die Erzählerin auf die Ausbeutung von
Sklaven, bezeichnet sie die Kolonialherren als "they"; bezieht
sie sich auf das friedliche Zusammenleben mit den Indianern,
bekennt sie sich zu "we", wie in Passagen wie dieser:
But before I give you the story of this gallant slave, it is
fit I tell you the manner of bringing them to these new
colonies; those they make use of there, not being natives of
the place: for those we live with in perfect amity, without
daring to command them... (1-2)
Dieses Zitat enthält sogar eine doppelte Distanzierung; sowohl im
Wechsel zwischen "we" und "they", als auch in der räumlichen
Distanzierung, die durch das Adverb "there" vermittelt wird. Zu
den eindrücklichsten Beispielen sprachlicher Distanzierung zählt
diese Passage:
I ought to tell you that the Christians never buy any slaves
but they give them some name of their own, their native ones
being likely very barbarous and hard to pronounce. (41)
Wenn die Erzählerin die Kolonialherren als "the Christians" und
"they" bezeichnet, hört sich es so an, als ob sie nicht einmal zu
den Christen gehöre. Die große Ausnahme zu dieser Positionierung
der Erzählerin außerhalb der Kolonialgesellschaft in Bezug auf
die Sklaven besteht im Falle einer Bedrohung durch sie:
You must know, that when the news was brought on Monday
morning, that Caesar had betaken himself to the woods, and
carried with him all the negroes, we were possessed with
extreme fear, which no persuasions could dissipate, that he
would secure himself till night, and then would come down
and cut all our throats. (70-71)
Auch dieses sprachliche Phänomen kommt mehrmals vor. Es
impliziert ein "we," das in der Machtlosigkeit besteht, ein "we"
von Frauen und Kindern, von denjenigen, die fliehen, wenn die
Situation bedrohlich wird.
Kolonialismus / Rasse / Geschlecht
Durch die Verwendung von Pronomen, die die Erzählerin der
Gruppe der "women" zuordnen, kann sie jegliche Verantwortung für
die Brutalität der Kolonialherren von sich weisen. Allerdings ist
Machtlosigkeit der Preis dafür, Verantwortung nicht übernehmen zu
müssen, und diese Machtlosigkeit widerspricht wiederum den
Aussagen der Erzählerin über ihre einflußreiche Stellung in der
Kolonialgesellschaft. Es ist also nicht nur ihre implizite
Komplizenschaft als Weiße, wo Schwarze unterdrückt werden, die
die Erzählerin ignoriert, sondern auch ihre eigene
gesellschaftliche Benachteiligung. Eine gewisse Benachteiligung,
die sie als schreibende Frau erfährt, gibt sie zu: "But his
misfortune was, to fall in an obscure world, that afforded only a
female pen to celebrate his fame." (42) Das vorrangige Kriterium
der Unterdrückung in Oroonoko ist zwar das der Rasse und nicht
des Geschlechts, aber auch für die Erzählerin stehen keine
Handlungsmöglichkeiten außer Flucht und Sprache zur Verfügung.
Aber auch die Macht, die sie potentiell in der Sprache
besitzt, kommt nicht zur Geltung - der Machtinhaber, der
"Lord-Governor," auf den sie angeblich Einfluß hat, erscheint im
Laufe der ganzen Handlung kein einziges Mal. Die
gesellschaftliche Autorität, die die Erzählerin für sich
beansprucht, basiert nämlich auf ihrem Einfluß auf einen Mann;
sie selbst besitzt keine Macht und kann alleine nichts bewirken.
Dennoch kommt der Einfluß der Erzählerin auf Oroonoko gerade
dadurch zustande, daß sie ihm fesselnde Geschichten erzählen
kann:
I was obliged, by some persons who feared a mutiny (which is
very fatal sometimes in those colonies that abound so with
slaves, that they exceed the whites in vast numbers), to
discourse with Caesar, and to give him all the satisfaction
I possibly could. They knew he and Clemene were scarce an
hour in a day from my lodgings; that they ate with me, and
that I obliged them in all things I was capable. I
entertained them with the lives of the Romans, and great
men, which charmed him to my company; and her, with teaching
her all the pretty works that I was mistress of, and telling
her stories of nuns.... (48)
Die Erzählerin erhält also doch durch die Sprache eine gewisse
Autorität; Oroonoko hat Vertrauen zu ihr, und nur deshalb ringt
sie ihm das Versprechen ab, geduldig zu sein, bis der
"Lord-Governor" zurückkommt. Andererseits hat die Macht der
Sprache ihre Grenzen; es ist dem Zuhörer überlassen, ob er das
Erzählte beachtet oder es gar glaubt. Als die Erzählerin
versucht, ihre schwarzen Freunde in der christlichen Lehre zu
unterrichten, macht sich Oroonoko darüber lustig. Die Worte
Oroonokos bei seiner Festnahme erinnern an diese Erzählungen:
Caesar told him there was no faith in the white men, or the
gods they adored; who instructed them in principles so
false, that honest men could not live amongst them; though
no people professed so much, none performed so little...
(68-69)
Oroonoko spricht hier zum "Deputy-Governor" Baym, aber der
Hinweis auf die christliche Lehre sowie das Verhalten, das er
anprangert, werfen kein günstiges Licht auf die Erzählerin. Auch
die Erzählerin verspricht viel und hält wenig. Die Verzweiflung
des eingeworfenen Ausrufs "damn them" (73), den die Erzählerin
offensichtlich bei der Errinerung an Oroonokos Verurteilung nicht
unterdrücken kann, erzeugt zwar den Eindruck von Aufrichtigkeit,
aber auch von Hilflosigkeit. Die Beziehung zwischen den gesellschaftlichen Randgruppen -
Schwarzen und Frauen - in Oroonoko ist zwar von Sympathie
geprägt, wird aber dadurch kompliziert, daß die Zugehörigkeit zu
diesen Randgruppen letztendlich durch unterschiedliche Maßstäbe
bestimmt wird. Die Erzählerin gehört zu den Siedlern, und sie
schlägt sich auf ihre Seite, wenn es hart auf hart kommt.
Oroonoko dagegen gehört zur Kriegerklasse, einem Männerbund, und
die Aufopferung seiner Frau macht deutlich, daß in seiner Welt
die Frau dem Mann unhinterfragt zu gehorchen hat. In gewisser
Weise gehört allerdings auch der männliche Sklave Oroonoko in der
rauhen Kolonialgesellschaft der Frauengemeinschaft an: "... he
liked the company of us women much above the men, for he could
not drink, and he is but an ill companion in that country that
cannot." (48) Diese Gemeinschaft führt allerdings nicht zur
konsequenten Solidarität zwischen benachteiligten Gruppen. In der
Beziehung zwischen der weißen Kolonialherrin und dem schwarzen
königlichen Sklaven manifestieren sich verschiedene Auffassungen
von gesellschaftlicher Rangordnung, die nicht wegzuschreiben
sind: obwohl sie davon keinen Gebrauch macht, hätte die
Kolonialherrin, Oroonokos "Great Mistress" (48), Macht über den
Sklaven; Oroonoko seinerseits macht in der langen Rede, die ich
oben zitiert habe, deutlich, daß er sich Frauen gegenüber
überlegen fühlt.
Dennoch ist eine deutliche Ähnlichkeit in der Strategie der
Erzählerin zu bemerken, den gesellschaftlichen Wert sowohl des
Sklaven als auch der Frau, der Erzählerin selbst, hervorzuheben.
In der Widmung zum Roman behauptet Behn (die sich mit ihrer
Erzählerin natürlich gleichsetzt): "Though I had none above me in
that Country, yet I wanted power to preserve this Great man."(39)
Sie ist von erstem Rang, wie auch ihr Held Oroonoko: deshalb
gehören beide, obwohl aus gesellschaftlichen Gruppen, denen
Selbstbestimmung abgesprochen wird, in der Weltordnung des Romans
Oroonoko zu den angesehensten Persönlichkeiten Surinams. Die
Logik, die diese Schlußfolgerung erlaubt, ignoriert einfach alle
gesellschaftlichen Zuweisungen außer denen des Standes.(40)
Aber auch wenn die Erzählerin ihre eigene gesellschaftliche
Benachteiligung - mit Ausnahme ihrer schon zitierten Bemerkung zu
ihrem "female pen" - sowie die ihres Helden herunterspielt,
spielt diese Benachteiligung natürlich in der Welt der
Kolonialgesellschaft weiterhin eine große Rolle. Die Gesellschaft
der Kolonie ist eine bürgerliche Gesellschaft, eine Gesellschaft
des Handels, der die Erzählerin zwar angehört aber zu der sie
sich nicht zugehörig fühlt.(41) Ihre Loyalität gilt einer
aristokratischen Weltordnung, die durch den Sklaven Oroonoko
verkörpert wird.(42) In der Welt der Kolonie gilt allerdings
Oroonokos Adel nichts mehr - er ist inzwischen zur Ware geworden.
Der königliche Sklave ist der aristokratische Held der Romanze,
der in einer Handlung des Handels gefangen ist. Die Erzählerin
nimmt an beide Weltordnungen teil und vermittelt beide in ihrem
Text, aber sie erkennt Oroonokos Platz in der Welt des Handels
nicht an.(43) Letzendlich ist es nicht nur das "they" der Männer,
von dem sich die Erzählerin ausschließt, sondern auch das "they"
des Handels, und zwar des Handels mit Menschen.(44) Die
Widersprüche der grammatikalischen Zuordnung zeigen also doch
eine innere Logik.
In der Kritik wurde schon mehrfach bemerkt, daß Oroonoko
eine deutlich "realistischere" Wirkung als frühere Prosawerke im
englischen Sprachraum hervorzurufen vermochte. Einerseits ist
dies auf die Fülle an Details zurückzuführen, auf die schon
hingewiesen wurde. Es sind aber nicht nur die überzeugenden
Kleinigkeiten, die Oroonoko eine gewisse realistische Wirkung
verleihen, die wir mit dem modernen Roman assozieren: auch der
Widerspruch zwischen der beanspruchten gesellschaftlichen
Stellung der Erzählerin und ihrer Machtlosigkeit gegenüber dem
gesellschaftlichen Apparat als Ganzem trägt dazu bei. Die
mangelnde gesellschaftliche Autorität der Erzählerin bestimmt
letzendlich den Ausgang der Geschichte, und dadurch erfährt der
Roman eine weitere Verstärkung der realistischen Wirkung. Die
Hilflosigkeit gegenüber Zwängen der Gesellschaft ist eine
ausgesprochen "romanhafte" Handlung, besonders seit Richardson.(45)
Oroonoko ist ein tragischer Held, die übermenschliche Figur von
Romanze und Epos, aber die Erzählerin ist eine alltäglichere
Gestalt, die gegen den gesellschaftlichen Apparat zwar
ansatzweise zu kämpfen versucht, die aber die notwendige Größe
nicht besitzt und durch Untätigkeit scheitert. Oroonoko scheitert
natürlich auch, aber sein Scheitern ist dramatisch und emotional
geladen; der Stoff, aus dem Helden gemacht werden.
Widerspruch und Leistung
Um kurz zusammenzufassen: Hier haben wir ein Werk;
vielleicht wahr, vielleicht auch nicht; vielleicht Reisebericht,
vielleicht Roman; von einer Autorin, die eine Erzählerin
einsetzt, die vorgibt, die Autorin zu sein; eine fiktionalisierte
Autorfigur also, die zudem vorgibt, Autorität zu haben, die sie
ganz offensichtlich nicht hat, weder in der Gemeinschaft, noch in
einem Großteil der Erzählung selbst.
Aber was für eine Auswirkung haben diese Widersprüche und
diese komplexe Erzählhaltung auf die Leseerfahrung? Behn war
bemüht, den Eindruck einer real erzählenden Stimme zu erzeugen:
die Entrüstung und Betroffenheit der Erzählerin sind durchaus
nachvollziehbar, und ihr moralisches Dilemma, ihre Hilflosigkeit,
wenn sie gar nicht hilflos sein will, verstärkt die Wirkung des
Erzählten. Daß Oroonoko als Roman rezipiert aber an seinem
Wahrheitsgehalt gemessen wird, kann zum Großteil auf die Wirkung
der Erzählstimme zurückgeführt werden. Und es sind trotz aller
Kritik gerade die Widersprüche, die überzeugen - die geteilte
Loyalität einer Erzählerin, die betroffen ist und betroffen
macht.
Spengemann z.B. erkennt Behns wichtige literarischen
Erneuerungen an, impliziert aber gleichzeitig, daß sie eher
unbewußt als bewußt stattgefunden haben:
... by telling her romantic tale in this form she stumbled,
however unwillingly, upon a new way of writing fiction - a
combination of language, structure, theme, narrative mode,
and a vision of human history that we now associate with "the
novel."(46)
Ich dagegen würde Behn etwas mehr als "drüberstolpern"
zugestehen. "Absicht" ist natürlich im Nachhinein schwer
festzustellen, aber Spengemann mindert Behns literarische
Leistung herab, während er sie gleichzeitig anerkennt. Einerseits
kann dies als eine typisch abwertende Haltung männlicher Kritiker
gegenüber weiblichen Errungenschaften gesehen werden;(47)
andererseits hängt, wie ich meine, eine solche Beurteilung auch
mit der Wirkung der Erzählstimme zusammen. Da die Identifikation
der Erzählstimme als Autorin im Text eingebaut ist, fällt es
leicht, die Erzählweise als naiv und ohne künstlerische Absicht
zu sehen. Die große Mehrzahl der Interpretationen von Oroonoko
behandeln das Werk als Bericht, ob sie nun die Erzählerin für
glaubwürdig erklären oder nicht. Die Strategie, mit der die
Erzählstimme eingesetzt wird, findet dabei wenig Beachtung. Sogar
ein Kritiker wie Davis zeugt von der Wirkung dieser Erzählstimme:
obwohl er von vorneherein erklärt, daß Oroonoko ganz
offensichtlich erfunden sei, befaßt sich seine Interpretation
hauptsächlich mit dem mangelnden Wahrheitsgehalt.(48) Die Defoe-Rezeption ist in umgekehrter Richtung verlaufen: inzwischen wirft
niemand Defoe vor, wegen des Vorworts zu Robinson Crusoe Lügen zu
verbreiten. So hängt die Beurteilung von Oroonoko immer noch
davon ab, daß ihm eine gewisse, meist naive Wahrheit zugesprochen
wird. Aber vielleicht war gerade das die beabsichtigte Wirkung?
Und wenn dem so ist, sollten wir in diesem Fall den Roman anders
interpretieren oder beurteilen?
Erst zum Schluß des Romans weist die Erzählerin auf ihr
bekanntes schriftstellerisches Können hin:
Thus died a great man, worthy of a better fate, and a more
sublime wit than mine to write his praise. Yet, I hope, the
reputation of my pen is considerable enough to make his
glorious name to survive to all ages, with that of the
brave, the beautiful and the constant Imoinda. (81)
Hier ist nicht mehr die Rede von "only a female pen," sondern von
"considerable reputation," die die Erzählerin sich zuspricht.
Aber auch in diesen zwei Sätzen widerspricht sie sich, denn
zuerst ist ja die Rede davon, daß Oroonoko einen besseren
Chronisten verdient hätte. Einerseits kann diese Abwertung des
eigenen Könnens als typische weibliche Haltung gesehen werden,
aber anderseits dient womöglich diese bescheidene "weibliche"
Haltung auch dazu, den Eindruck der Authentizität des Erzählten
zu unterstützen.
Wie ich gezeigt habe, enthält der Roman durchweg solche
auffallenden Widersprüche, die vor allem in der Beziehung
zwischen der Erzählerin und ihrem Helden zum Vorschein kommen.
Aber gerade in den sprachlichen und ideologischen Bruchstellen
müssen wir Behns literarische Leistung suchen, weil es ihre
Neuerungen waren, die sie in Widersprüche verstrickte: einerseits
der Versuch, eine Handlung (im Sinne von "plot") in das
realistische Umfeld der Berichterstattung einzubetten und
gleichzeitig die Erzählperson individuell zu gestalten und in die
Handlung einzubeziehen; und andererseits der Versuch, die eigene
Kultur mit anderen Augen zu sehen. Weder das eine noch das andere
Experiment gelingt der geübten Dramatikerin vollkommen; ihr
afrikanischer Prinz wirkt wie ein europäischer Held romantischer
Epen und ihre Erzählung ist letzendlich weder Bericht noch Roman.
Dennoch bleibt Oroonoko ein wichtiger Versuch; ein Übergangswerk,
das sich jeder endgültigen Bestimmung entzieht.
Trotz aller Widersprüche steht fest, daß über einige
Jahrhunderte hinweg die Rolle des erzählenden Ichs in Oroonoko
für eine ganze Reihe von Lesern sehr wirkungsvoll war. Oroonoko
ist sowohl die tragische Geschichte eines edlen Sklaven als auch
die sehr moderne Geschichte der Erzählerin in ihrer
Machtlosigkeit, ihren Freund zu retten. Sie muß zusehen, wie das
Geschehen seinen Lauf nimmt, ohne daß sie eingreifen oder etwas
ändern kann. Wäre die Erzählerin ausschließlich als passive
Erzählstimme im Roman vorhanden gewesen, eine Rahmenerzählerin,
wie wir sie erwarten, wäre wohl die Wirkung weitaus weniger
mitreißend.
ENDNOTEN
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1. Vgl. Ros Ballaster, "'Pretences of State': Aphra Behn and the Female Plot," in: Rereading
Aphra Behn: History, Theory and Criticism, Heidi Hutner, Hrsg. (Charlottesville: University Press of
Virginia, 1993): 187. Vgl. zur historischen Situation auch Elfi Bettinger, "Women of Letters: Die politische
Briefliteratur von Aphra Behn, Mary Delarivier Manley und Eliza Heywood," in: Die Frau im Dialog.
Studien zur Theorie und Geschichte des Briefes, Anita Runge und Liselotte Steinbrugge, Hrsg. (Stuttgart:
Metzler, 1991): 56.
2. Vgl. Robert Adams Day, Told in Letters: Epistolary Fiction Before Richardson (Ann Arbor: Univ.
of Michigan Pr., 1966): 198.
3. Vgl. George Woodcock, "Founding Mother of the English Novel: Aphra Behn," A Room of One's
Own 2,2-3 (1976): 38.
4. Aphra Behn, Oroonoko: Or, the Royal Slave (1688). In: The Novels of Mrs Aphra Behn, Ernest A.
Baker, ed. (Westport, Connecticut: Greenwood Press, 1969): 9, 11.
5. Vgl. The Norton Anthology of English Literature, Fifth Edition (New York und London: W.W.
Norton and Company, 1986).
6. Maureen Duffy, The Passionate Sheperdess: Aphra Behn 1640-89 (1977; Neuauflage, New York:
Avon Books, 1979); Angeline Goreau, Reconstructing Aphra: A Social Biography of Aphra Behn (New
York: Dial Press, 1980).
7. Michael McKeon, Origins of the English Novel, 1600-1740
(Baltimore und London: John Hopkins U.P. 1987): 112.
8. Vgl. hierzu Seymour Chatman, Story and Discourse (Ithaca und London: Cornell Univ. Pr., 1978):
153.
9. Susan Sniader Lanser, The Narrative Act: Point of View in Fiction (Princeton: Princeton Univ. Pr.,
1981): 8.
10. Lanser: 151.
11. Ein Aufsatz von Ernest Bernbaum von 1913, "Mrs. Behn's Biography, a Fiction," (PMLA 28:
432-53) zettelte eine regelrechte literarische Fehde an, die heute noch andauert. Vgl. z.B. Goreau, 9-11;
und Katherine M. Rogers, "Fact and Fiction in Aphra Behn's Oroonoko," Studies in the Novel 20,1 (Spring
1988): 1-15.
12. In seiner kürzlich erschienenen Studie zur Erzählperspektive meint Jürgen Petersen zum Beispiel,
daß Passagen in der dritten Person sich immer auf die Erzählperson beziehen:Erzählsysteme. Eine Poetik
epischer Texte (Stuttgart und Weimar: Metzler Verlag, 1993): 61-62.
13. Franz K. Stanzel, Theorie des Erzählens 5.A. (Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1979):
258-59.
14. Stanzel, 258.
15. Booth, The Rhetoric of Fiction (Chicago und London: Univ. of Chicago Pr., 1961): 152-53.
16. Lennard J. Davis, Factual Fictions: The Origins of the English Novel (New York: Columbia U.P.,
1983): 110
17. George Woodcock, "Founding Mother of the English Novel: Aphra Behn," A Room of One's Own
2,2-3 (1976): 40.
18. Margaret W. Ferguson, "Juggling the Categories of Race, Class and Gender: Aphra Behn's
Oroonoko," Women's Studies 19 (1991): 172.
19. Vgl. McKeon: 120.
20. Vgl. Goreau: 44.
21. William C. Spengemann, "The Earliest American Novel: Aphra Behn's Oroonoko," Nineteenth
Century Fiction 38 (1983-84): 390.
22. Vgl. McKeon: 109.
23. Davis: 212. Allerdings sind seine Aussagen zu Behn nahezu unbrauchbar; einerseits akzeptiert er
kritiklos die Behauptungen von Bernbaum, die inzwischen von einigen Kritikern in Zweifel gezogen worden
sind (vgl. hierzu Rogers); andererseits zitiert er aus Oroonoko im falschen Kontext und behauptet,
Oroonoko's "Stamm" in Afrika verkörpere "the first state of innocence, before man knew how to sin" - ein
Zitat, das sich auf die Indianer in Surinam bezieht und nicht die Schwarzen in Afrika. Dabei ist das
Verhältnis zwischen Fakt und Fiktion in Behns Werken viel komplexer als Davis behauptet.
24. Davis: 109-10.
25. Vgl. hierzu Robert L. Chibka, "'Oh! Do Not Fear a Woman's Invention': Truth, Falsehood and
Fiction in Aphra Behn's Oroonoko," Texas Studies in Literature and Language, 30,4 (Winter 1988):
510-37.
26. Mit dem zunehmenden Interesse feminister Kritikerinnen an
Behns Werken ändert sich dieser Tatbestand langsam, aber dabei
wird Oroonoko immer noch häufiger als Zeitgeschichte denn als
Fiktion gelesen, so daß die Frage der erzählerischen Strategie
natürlich eine geringe Rolle spielt.
27. Zur Wirkung der gesprächigen Erzählstimme, vgl. Martine Watson Brownley, "The Narrator in
Oroonoko," Essays in Literature 4 (1977): 174-81.
28. Vgl. hierzu Spengemann, 409.
29. Laura E. Donaldson, Decolonizing Feminisms: Race, Gender
and Empire-Building (Chapel Hill: Univ. of N.C. Pr., 1992): 6.
30. Auf Behns widersprüchliche Haltung zur Sklaverei geht Moira Ferguson ausführlich ein: Vgl.
Subject to Others: British Women Writers and Colonial Slavery, 1670-1834 , Kapitel 2, "Oroonoko: Birth
of a Paradigm." (New York und London: Routledge, 1992): 27-49.
31. Charlotte Sussmann dagegen meint, der Text des Romans sei
"quite concerned with maintaining the status quo." "The Other
Problem with Women: Reproduction and Slave Culture in Aphra
Behn's Oroonoko," in: Rereading Aphra Behn: History, Theory and
Criticism, Heidi Hutner, Hrsg. (Charlotesville: Universtiy Press
of Virginia, 1993): 215.
32. "The novella had been recognized as a seminal work in the tradition of antislavery writings from
the time of its publication down to our own period." Laura Brown, "The Romance of Empire: Oroonoko
and the Trade in Slaves." In: Felicity Nussbaum und Laura Brown, Hrsg. The New Eighteenth Century
(London: Methuen, 1987): 42.
33. "England's First Lady Novelist." The St. James's Magazine, 7 (1863), 351-358. Zitiert nach Mary
Ann O'Donnell. Aphra Behn: An Annotated Bibliography of Primary and Secondary Sources. (New York
und London: Garland Pub., 1986): 358.
34. Vgl. Moira Ferguson, 26.
35. Zur gesellschaftlichen Stellung der Erzählerin vgl. Rogers: 10-11.
36. Urs Bitterli, Die "Wilden" und die "Zivilisierten":
Grundzüge einer Geistes- und Kulturgeschichte der europäisch-überseeischen Begegnung (München: Verlag C.H. Beck, 1991): 84.
Allerdings macht auch Bitterli krasse Fehler in seiner
Zusammenfassung von Behns Oroonoko: vgl. S. 193.
37. Ballaster sieht auch einen Zusammenhang zwischen der erzählerischen Autorität und der
gesellschaftlichen Marginalität: 204.
38. Vgl. hierzu Jacqueline Pearson, "Gender and Narrative in the Fiction of Aphra Behn," Review of
English Studies 42, 165 u. 166 (1991): 188, sowie Chibka: 529.
39. The Works of Aphra Behn, Montague Summers, Hrsg. (1915. Neuauflage New York: Phaeton
Press, 1967) V: 511.
40. Catherine Gallagher weist darauf hin, daß die "Protofeministinnen" des 17. Jahrhunderts fast alle
Monarchistinnen waren, und führt diesen Umstand auf den Wunsch zurück, Rang und nicht Geschlecht als
ausschlaggebendes Unterscheidungsmerkmal für die gesellschaftliche Stellung beizubehalten, sowie einen
Individualismus, der sich auf monarchistisches Gedankengut stützt; "Embracing the Absolute: The Politics
of the Female Subject in Seventeenth-Century England," Genders 1 (Spring 1988): 24-39.
41. Behn und andere Schriftstellerinnen des 17. Jahrhunderts haben besonders die Selbstsüchtikeit der
neuen Ära angeprangert: vgl. hierzu Janet Todd, The Sign of Angelica: Women, Writing and Fiction,
1660-1800 (London: Virago Press, 1989): 17.
42. Aber letzendlich scheint ihre persönliche Hierarchie eher ein Adel des Gemüts und nicht immer nur
des Blutes zu sein: die zwei sympathischen weißen Männer im Roman, Colonel Martin und Trefry, gehören
nicht zum Adel, und Martin ist nicht einmal ein "Royalist."
43. "The powerful act of `reductive normalizing' performed by the romantic narrative is somewhat
countered then, by a similarly powerful historical contextualization in Behn's account of trade." Brown: 53.
44. In ihren Stücken kritisiert Behn auch häufig den Handel mit Frauen. Vgl. Mark Lussier, "'The Vile
Merchandise of Fortune': Women, Economy, and Desire in Aphra Behn," Women's Studies 18 (1991):
379-393.
45. Myra Jehlen weist darauf hin, daß besonders weibliche Figuren diese Hilflosigkeit im Roman
verkörpern: "Archimedes and the Paradox of Feminist Criticism," Signs 6, 4 (1981): 595.
46. Spengemann: 409.
47. Spengemanns Komentar scheint eine Variation von "It wrote itself" zu sein, einer Strategie zur
Ablehnung weiblichen Könnens, die Joanna Russ aufspürt; vgl. How to Supress Women's Writing (Austin:
Universtiy of Texas Press, 1983): 21.
48. Chibka verweist ebenfalls auf diese Wirkung, die Behns Erzählweise auf Kritiker hat, zählt
allerding Davis zu den Ausnahmen: 513.

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